Thorsten Cöhring

Thorsten Cöhring

Journalist & Autor

Menü
  • Startseite
  • Politik
  • Gesellschaft
  • Sprache
  • Medien
  • Zitate
  • Team Freiheit
Menü

Gebesser statt Geschlechter?
Das große Durcheinander: Sexus, Genus und Gender

Veröffentlicht am 3. Oktober 202517. Oktober 2025 von Thorsten Cöhring

Wer heute einen amtlichen Brief öffnet, eine Stellenausschreibung liest oder durch die Nachrichten zappt, begegnet ihr unweigerlich: der Gendersprache. Mit Sternchen, Doppelpunkten, Unterstrichen oder ausgeschriebenen Doppelformen soll unsere Sprache „gerechter“ werden. Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich ein fundamentales Missverständnis. Oder präziser gesagt: eine systematische Verwechslung dreier völlig unterschiedlicher Geschlechter-Kategorien.

Das große Durcheinander: Sexus, Genus und Gender

Der Kern des Problems liegt in der mangelnden Unterscheidung zwischen drei grundverschiedenen Lebensbereichen:

  • Sexus bezeichnet das biologische Geschlecht eines Lebewesens, nämlich männlich oder weiblich. Es handelt sich um eine biologische Realität, die sich in Chromosomen, Hormonen und körperlichen Merkmalen manifestiert.
  • Genus ist das grammatische Geschlecht in der Sprache – maskulin, feminin oder sächlich. Es wird Substantiven zugeordnet und hat mit der Biologie des bezeichneten Objekts nichts zu tun. Warum ist „der Löffel“ maskulin, „die Gabel“ feminin und „das Messer“ neutral? Die Antwort ist schlicht: willkürliche sprachgeschichtliche Entwicklung.
  • Gender meint das soziale Geschlecht, die gesellschaftliche Rolle und Identität einer Person, ein kulturell konstruiertes Konzept über Erwartungen, Verhaltensweisen und Selbstverständnisse.

Die Gender-Ideologie wirft diese drei Kategorien munter durcheinander wie Zutaten in einem schlecht gemischten Smoothie. Das Ergebnis? Ein ideologisch gemixter Brei, der mehr verwirrt als klärt.

Das generische Maskulinum: Geschlechtslos und präzise

Besonders problematisch wird es beim generischen Maskulinum. „Die Studenten“ oder „die Lehrer“ bezeichnen in der deutschen Sprache traditionell alle Personen einer Gruppe, unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht. Es handelt sich um eine geschlechtsneutrale Verwendungsweise, bei der das grammatische Geschlecht (Genus) schlicht nichts mit dem biologischen Geschlecht (Sexus) der gemeinten Personen zu tun hat.

Wer hier Diskriminierung wittert, verwechselt Genus mit Sexus. Ein klassischer Fall von kategorialem Fehler. Niemand käme auf die Idee zu behaupten, „die Person“ diskriminiere Männer oder „das Mädchen“ degradiere junge Frauen durch das Neutrum. Warum? Weil uns intuitiv klar ist, dass grammatisches und biologisches Geschlecht zwei verschiedene Paar Schuhe sind – oder sollte ich sagen: zwei verschiedene Paar „Schuhe und Schuh*innen“? Vielleicht beklagen sich bald auch die Männer, denn der Plural, natürlich auch der, der geschlechtsunspezifischen Nomen, ist in der deutschen Sprache immer weiblich: die Studenten oder die Lehrer.

Die deutsche Sprache besitzt zudem einen enormen Reichtum an Möglichkeiten, bei Bedarf präzise zu sein: „männliche Studenten“, „weibliche Lehrkräfte“, „Studentinnen“. All das ist ohne Sternchen und Pausen möglich, wenn der Kontext eine biologisch-geschlechtliche Spezifizierung erfordert.

Nichts weiter als grober sprachlicher Unfug ist übrigens die Verwendung des substantivierten Partizip Präsens, auch Partizipialkonstruktion genannt, als geschlechtsneutrale Alternative. „Studierende“ sind Menschen, die gerade in diesem Moment etwas tun. Die Aussage „Studierende demonstrieren auf der Straße“ ist also inhaltlich blanker Unsinn, weil sie in diesem Moment nicht studieren sondern demonstrieren.

Deutsche Sprache: Präzision und Flexibilität

Deutsch gilt zu Recht als sehr präzise Sprache. Ihr berühmtes Baukastensystem erlaubt es, Wörter nach Belieben zu kombinieren und so neue, hochspezifische Begriffe zu schaffen: Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän, Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz – zugegeben, nicht immer schön, aber unglaublich präzise und flexibel.

Diese Stärke wird durch die Genderisierung systematisch untergraben. Statt kürzerer, eleganterer Formulierungen produziert man sperrige Konstruktionen:

  • Aus „Bürgermeister“ wird „Bürgermeister*in“ oder „Bürger:innen und Bürger:innenmeister:in“ (kleine Übertreibung zur Illustration).
  • Aus „Leserbrief“ wird … ja was eigentlich? „Leser*innenbrief“? „Les:innenbrief“?
  • Und was macht man mit Komposita wie „Zuschauerbeteiligung“? „Zuschauer*innenbeteiligung“ klingt nicht nur holprig, sondern zerstört auch die Lesbarkeit.

Wie fänden Sie es als Leser, wenn F. Scott Fitzgerald in „Der große Gatsby“ nicht diesen Absatz geschrieben hätte

Bei diesen Partys waren die Leute, die kamen, von überall her. Es gab Filmregisseure, Schauspielerinnen und Sportler. Es gab auch einflussreiche Banker, Geschäftsleute und ihre Frauen, die sich in extravaganten Kleidern zeigten. Jeder schien jeden zu kennen, oder zumindest so zu tun, als ob.

sondern diesen

Bei diesen Partys waren die Leute, die kamen, von überall her. Es gab Filmregisseur:innen, Schauspieler:innen und Sportler:innen. Es gab auch einflussreiche Banker:innen, Geschäftsleute:innen und ihre Frauen:innen, die sich in extravaganten Kleidern zeigten. Jede:r schien jede:n zu kennen, oder zumindest so zu tun, als ob.

Im gesprochenen Deutsch führt die Glottisschlag-Pause zu einer Verlangsamung und künstlichen Betonung, die den Sprachfluss erheblich stört. Barrierefreiheit für Sehbehinderte, die auf Vorleseprogramme angewiesen sind? Fehlanzeige.

Zurück zur Vernunft

Die praktischen Auswirkungen sind beträchtlich. In Behörden, Universitäten und Medien müssen Texte aufgebläht werden, Formulierungen umständlich verdoppelt, elegant-kompakte Ausdrücke durch sperrige Konstruktionen ersetzt werden. Die Ironie: Im Namen der Inklusion wird Sprache exklusiver – für Menschen mit Leseschwierigkeiten, Deutschschüler, Sehbehinderte und alle, die einfach nur effizient kommunizieren möchten.

Hinzu kommt: Die meisten Menschen in Deutschland lehnen die Gendersprache ab, wie Umfragen regelmäßig zeigen. Dennoch wird sie von oben verordnet – in Behörden, öffentlich-rechtlichen Medien, Universitäten und sogar in Verlagen. Eine demokratisch nicht legitimierte Sprachreform, die gegen den Willen der Sprachgemeinschaft durchgesetzt wird.

Sprache entwickelt sich natürlich, organisch, durch den Gebrauch der Sprecher. Künstlich verordnete Regelwerke, die auf kategorialen Verwechslungen beruhen, sind zum Scheitern verurteilt. Die deutsche Sprache braucht keine Rettung durch Sternchen, sie braucht Sprecher, die ihre Funktionsweise verstehen und ihre Präzision zu schätzen wissen.

Vielleicht sollten wir uns darauf besinnen, dass „die Sprache“ – feminin! – uns allen gehört. Und dass es an uns liegt, sie mit Sorgfalt und Verstand zu gebrauchen, statt sie zu verhunzen.

Literaturtipps zum Thema

  • Gerald Ehegartner: „Ausgegendert“ (Massel, 2024)
    Ein kleines, aber feines Buch. Eine hochinteressante Reise in die Geschichte der deutschen Sprache.
  • Fabian Payr: „Von Menschen und Mensch*innen. 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören“ (Springer, 2022)
    Eine fundierte linguistische Kritik an der Gendersprache mit vielen praktischen Beispielen.
  • Max Haberich: „Gendern? Nein, danke!: Wurzeln und Auswirkungen der Gender-Ideologie“ (2022)
    Mit Humor spürt der Autor den verblüffend oberflächlichen Ursprüngen des Gender-Dogmas nach und beleuchtet dessen unfreiwillig komische Absurditäten.
  • Verein Deutsche Sprache
  • Startseite
  • Über mich
  • Liberales Werte-Manifest

Tag Cloud

Altruismus Egoismus Framing Gendern Herrschaftsinstrument Kant Meinungsfreiheit Objektivismus Philosophie Propaganda Rand Sprache Sprachkontrolle Subjektivismus Totalitarismus Vernunft Wohlstand

Datenschutzerklärung | Impressum

©2025 Thorsten Cöhring